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Tarifabschluss Transdev: Signal für die ganze NE-Branche

Lange hatten die Arbeitgeber der Transdev-Unternehmen darauf beharrt, dass eine Lohnerhöhung auf keinen Fall mehr als 1,5 Prozent betragen könne. Am Ende setzte sich die EVG durch und konnte in harten Verhandlungen einen Lohnzuwachs von insgesamt 3,2 Prozent vereinbaren. 

„Damit ist es uns gelungen, im NE- Bereich einen deutlichen Akzent zu setzen. Hier haben wir noch Nachholbedarf gesehen, den wir jetzt nachsteuern konnten“, erklärte EVG-Verhandlungsführer Pierre Reyer. 

Zunächst hatte es nicht nach einer Einigung ausgesehen. Ein erster Warnstreik und viele Aktionen führten offensichtlich zum Umdenken; war in der vierten Verhandlungsrunde doch arbeitgeberseitig die Sorge deutlich spürbar, dass die EVG zu weiteren Arbeitskämpfen aufrufen könnte. 

Drei Stunden lang hatten die Kolleginnen und Kollegen von Transdev Instandhaltung in Husum am 20. April die Arbeit niedergelegt. Damit war ein erster effektiver „Nadelstich“ gesetzt, dem weitere folgen sollten, würde der Arbeitgeber nicht einlenken. „An dem Streik haben sich spontan auch Kolleginnen und Kollegen beteiligt, die nicht Mitglied der EVG sind“, sagt Heiko Feihl, der den Ausstand vor Ort organisiert hatte. „Das zeigt, wie verärgert die Beschäftigten angesichts der nicht nachvollziehbaren Verweigerungshaltung ihres Arbeitgebers waren.“

In Holzkirchen gab es bei der BOB zudem eine eindrucksvolle Protestaktion. Aufgrund der hohen Infektionszahlen hatte die EVG im Süden der Republik auf Streikmaßnahmen verzichtet; die Mitglieder wollten ihren Unmut aber dennoch kundtun und hatten zahlreiche Plakate gemalt. Nicht nur das als unzureichend empfundene Angebot einer Lohnerhöhung von 1,5 Prozent über die gesamte Laufzeit, vor allem die beharrliche Weigerung über die Arbeitszeiten zu verhandeln, sorgte auch hier für erhebliche Verärgerung. 

Hier setzte die EVG auf eine subtile Form des Protestes: An allen Standorten der Transdev – in Husum, Osnabrück, Neubrandenburg, Waiblingen, Holzkirchen und Augsburg – wurden in unmittelbarer Nähe der Bahnhöfe oder Firmengebäude große Protestplakate platziert, auf denen das Verhalten der Transdev gegenüber ihren Beschäftigten öffentlich kritisiert wurde. 

All das verfehlte seine Wirkung nicht. Und so konnte in der vierten Verhandlungsrunde der Durchbruch erzielt werden. Gab es zunächst nur erste Zugeständnisse im Hinblick auf Arbeitszeitregelungen, mussten die Verhandlungsführer der Transdev am Ende doch einlenken.  Zu groß war die Sorge der Arbeitgeber, dass durch weitere, dann bundesweite Arbeitskämpfe seitens der EVG eine Einigung erzwungen würde. Denn sowohl die Verhandlungsdelegation wie auch die Tarifkommission, mit der regelmäßig Rücksprache gehalten wurden, hatten deutlich gemacht, dass sich insbesondere bei der geforderten Lohnerhöhung noch deutlich etwas tun müsse. 

Eine Botschaft, die verstanden wurde. Spät am Abend besserten die Vertreter der Transdev ihr Angebot deutlich nach: Jetzt lagen 1,4 Prozent mehr Geld zum 1. Dezember 2021 und weitere 1,8 Prozent zum 1. Dezember 2022 auf dem Tisch. Die Option einer Coronaprämie bei einer deutlich niedrigeren Lohnsteigerung war zuvor von der Verhandlungsdelegation verworfen worden, da diese nicht tabellenwirksam gewesen wäre und eine möglichst hohe Entgeltsteigerung im Vordergrund stand. Dies zahlt sich für die Kolleginnen und Kollegen langfristig aus. Zum 1. Januar 2022 wird die Zulage für die „dunkle Nacht“ eingeführt: Bei Schichtende in der Zeit von 0 bis 4 Uhr gibt es nun eine Zulage von 1,50 Euro; 3,00 Euro sind es bei Schichtbeginn in diesem Zeitfenster. Die Sonntagszulage wird in Drei-Monats-Schritten auf einheitlich 5,64 Euro erhöht, die Feiertagszulage auf 6,16 Euro. Dort wo höhere Zulagen gezahlt werden, bleiben diese bestehen. Zudem wird ab diesem Zeitpunkt eine Wissensvermittlerprämie von 8,75 Euro pro Schicht gezahlt – in allen Bereichen, in denen es diese bislang nicht gab. Das ist vor allem für den Werkstattbereich ein toller Erfolg.  

Ab 1. Januar 2023 gibt es zwei Arbeitszeitmodelle zu Wahl. Zudem werden die Arbeitszeiten von da an monatlich betrachtet. In der Folge werden Zuschläge für geleistete Überstunden künftig im Folgemonat ausbezahlt.

Der von der EVG geforderte Tarifvertrag zur Bildung einer gemeinsamen Einrichtung „Fonds für berufsnahes Wohnen und Mobilität (Wo-Mo-Fonds)“ wird für alle Unternehmen der Transdev ebenfalls mit Wirkung zum 1. Januar 2023 abgeschlossen. Damit können Mitglieder der EVG dann von besonderen Unterstützungsleistungen im Bereich Wohnen und Mobilität profitieren. 

Schließlich konnte auch eine Einigung beim TV Kurzarbeit für die TDSG (Transdev Service Gesellschaft) erzielt werden. Für deren Beschäftigte gab es bislang nur eine Betriebsvereinbarung mit einer niedrigeren Aufstockung des Kurzarbeitergeldes als für alle anderen Beschäftigten der Transdev. Zum 1. August 2021 wird das Kurzarbeitergeld ebenfalls auf 90 Prozent aufgestockt, betriebsbedingte Kündigungen aufgrund von Kurzarbeit sind hingegen ab sofort ausgeschlossen. 

Zu diesem überzeugenden Gesamtpaket empfahl die Tarifkommission die Zustimmung. Der Tarifausschuss wird in seiner Sitzung am 20. Mai final entscheiden. Der Abschluss bei Transdev wird nach Auffassung der EVG Signalwirkung für den gesamten NE-Bereich haben.